Interview mit Bernhard Otti, Managing Director Otti & Partner Personalmanagment KG
Welche Rolle spielt Diversität in Ihrem Unternehmen und wie spiegelt sich diese in Ihren Arbeitsabläufen wieder?
Wir sind ein Personalberatungsunternehmen und arbeiten für Unternehmen aus verschiedenen Branchen, bei denen es sich hauptsächlich um internationale Konzerne aber auch um kleinere mittelständische Unternehmen handelt. Als Personalberater müssen wir uns immer an das Anforderungsprofil unserer Kunden halten. Das bedeutet, dass wir die gewünschten Voraussetzungen mit dem Kunden abstimmen und dementsprechend besetzen wir dann die vakante Position. Für die Kunden sind vor allem die fachlichen Qualifikationen, die Ausbildung, die Sprachkenntnisse und natürlich auch die Persönlichkeit sehr sehr wichtig – Diese Punkte sind das entscheidende für die Besetzung der Position. Die Firmen interessiert es kaum bis gar nicht, ob es sich dabei um Österreicher, Ausländer, Männer oder Frauen handelt.Ein weiteres Thema sind natürlich die Sprachkenntnisse innerhalb der EU. Wenn der Arbeitgeber seinen Sitz im Inland hat, legt dieser meistens sehr viel Wert auf gute Deutschkenntnisse. Viele Bewerber aus dem EU-Ausland sprechen zwar perfektes Englisch, haben jedoch Probleme bei der Kommunikation der deutschen Sprache. Hier wird es dann teilweise sehr schwierig, diese Kandidaten in eine passende Position zu integrieren beziehungsweise zu vermitteln.
Welchen Nutzen leiten Sie aus Ihrem firmeninternen Diversitätsmanagement ab und gibt es diesbezüglich etwaige Vor- und Nachteile?
Unser Vorteil besteht vor allem darin, die Möglichkeit zu haben, gewisse Positionen schneller zu besetzen. Das Diversitätsmanagement ermöglicht uns einen viel größeren Spielraum, da es so viele unterschiedliche Persönlichkeiten und interessante Aspekte der Bewerber mit sich bringt. Diversität macht einen Menschen einzigartig. Ausbildung und fachliche Kompetenz sind das eine, aber um die bestmögliche Besetzung zu finden, braucht es in der heutigen Zeit deutlich mehr als das. Nicht unbedingt der beste Student oder der erfahrenste Bewerber passen in eine gewünschte Stelle unseres Kunden. Durch die Diversität der Menschen, wird es für uns einfacher, Talente und gewisse Merkmale zu entdecken, die für die weitere Vermittlung und das Entscheidungsverfahren sehr nützlich sind.
Welche nationalen- und europarechtlichen Bestimmungen erschweren die Implementierung eines aus Ihrer Sicht adäquaten Diversitätsmanagement in Ihrem Umfeld?
Die nationalen und europarechtlichen Bestimmungen bewirken einen wesentlichen Nachteil bei der Vermittlung von ausländischem Personal, die aus keinem EU Land stammen. Bewerber aus dem EU-Ausland haben meistens eine Arbeitsbewilligung und dadurch natürlich einen wesentlichen Vorteil gegenüber Kandidaten eines nicht EU Landes. Bei den zuletzt genannten Bewerbern kann es des öfteren zu Problemen beziehungsweise zu einem schwierigeren Rekrutierungsprozess kommen, da die rechtlichen Bestimmungen für diese Personen keine Arbeitsbewilligung vorsehen und daher die Firmen um diese Bewilligung ansuchen müssten, was sehr viel Zeit und Aufwand mit sich bringt. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass diese Bewerber die Arbeitsstelle meistens leider nur dann erhalten, wenn sich für diese bestimmte Stelle keine weiteren Personen aus der EU oder aus dem Inland beworben haben.
In Österreich wurde die Charta der Vielfalt von vielen namhaften Unternehmen sowie Institutionen und Organisationen unterzeichnet. Inwiefern ist die Umsetzung bei der Rekrutierung für österreichische Unternehmen relevant und in der Praxis verankert?
In der Praxis funktioniert das Konzept der Charta der Vielfalt wirklich sehr gut. Die Unternehmen sind für uns deutlich erkennbar sehr viel weiter als man normalerweise erwarten würde. Nicht nur diejenigen Firmen, die sich zu dieser Charta bekennt haben, sondern auch alle anderen, die vielleicht möglicherweise noch nichts von dieser Organisation gehört haben, handeln sehr offen bezüglich ihrer Personalauswahl. In den jeweiligen Firmen geht es in der heutigen Zeit eigentlich nur mehr darum, die bestmöglichen Mitarbeiter einzustellen, egal welchen persönlichen Hintergrund die jeweiligen Personen mit sich bringen. Ein Grund dafür ist auch, dass Österreich einen sehr hohen Fachkräftemangel aufweist, wodurch die Bemühungen, diversifizierendes Personal zu finden, sehr hoch sind. Die Firmen selbst sind auch diesbezüglich sehr gut organisiert und weisen teilweise intern sehr viele Regelungen und Kapazitäten auf, die Mitarbeiter dementsprechend zu integrieren. Sie helfen zum Beispiel bei etwaigen Übersiedlungen, Wohnungen werden zur Verfügung gestellt, Sprachkurse werden angeboten und noch dazu gibt es innerhalb der Firmen sehr oft unzählige Aktivitäten, die dazu führen, sich untereinander näher kennenzulernen sowie die Beziehungen miteinander zu stärken.
Stereotypisierung und folgliche Diskriminierung sind bei der Vermittlung von Personal präsente Themen. Gibt es in diesem Kontext spezielle Vorgaben der Auftraggeber (Quoten)? Werden weiters in diesem Zusammenhang für vakante Positionen immer die bestmöglichen „Matches“ gefunden?
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass es in meinem Unternehmen und der Rekrutierung keine Vorfälle von Stereotypisierung oder Diskriminierung gab, natürlich gibt es immer wieder Ausnahmen, allerdings kamen diese bei uns noch nie zum Vorschein. Generell ist wie gesagt für die Unternehmen die Ausbildung, fachliche Qualifikation, Persönlichkeit sowie auch die Sprachkenntnisse das wichtigste. Geschlecht, Religion, Sexualität oder Nationalität fällt bei der Personalsuche sehr in den Hintergrund und spielt in Österreich wenn dann nur eine sekundäre bis gar keine Rolle mehr. Warum? – Weil wir in Österreich eine massive Überalterung in unserer Bevölkerungsstruktur und dadurch auch wie bereits erwähnt einen sehr hohen Fachkräftemangel haben. Den Firmen geht es daher um die Qualität des Personals, wodurch weitere Faktoren wie beispielsweise das Geschlecht außer Acht gelassen werden müssen. Das Ziel, gewisse „Quoten“ zu erfüllen, ist meiner Meinung nach völlig kontraproduktiv. Man kann kein Unternehmen zwingen, zum Beispiel eine bestimmte Anzahl von Frauen oder Männern zu beschäftigen, nur weil dadurch das Erscheinungsbild dieser Firma in der Öffentlichkeit vielleicht besser wirken würde. Zusätzlich ist es mir noch nie aufgefallen, dass Unternehmen gewisse Quoten erfüllen möchten. Personal wird nach Fähigkeiten ausgesucht und sollte nicht an irgendwelche externen Quoten oder Vorgaben gebunden sein. Von daher geben wir natürlich unser bestes, den meist geeigneten Kandidaten zu finden, was im Endeffekt in fast allen Fällen auch der Fall ist.
Zu allerletzt, wie stehen Sie persönlich zu Gender und Diversitätsmanagement?
Meiner Meinung nach ist es für ein Unternehmen von Vorteil, eine gemischte Personalstruktur zu haben, da sich dadurch die Talente und Potentiale in einem Unternehmen sehr gut ergänzen. Stärken und Schwächen gleichen sich dadurch sehr gut aus. Natürlich ist es anfangs einfacher, wenn alle Mitarbeiter eine sehr ähnliche Persönlichkeit aufweisen, allerdings kann das auf Dauer zu weniger Leistung und Eintönigkeit führen. Trotzdem ist die Arbeit und vor allem die Qualität dieser Arbeit das wichtigste. Es darf keine Rolle spielen, welchen privaten Hintergrund ein Mensch mit sich bringt. Sobald man sich auf weitere Aspekte konzentriert, kann man niemals den perfekten Kandidaten finden. Einzig und allein zählt die Ausbildung, und inwiefern diese erlernte Qualifikation für das jeweilige Berufsbild von Nutzen ist, sowie auch die jeweilige Persönlichkeit. Nicht jeder Charakter passt in eine gewisse Firma. Auch wenn man die verlangten Fähigkeiten vorweisen kann, muss das nicht heißen, dass man auch unbedingt der bestmögliche Kandidat für diesen Job ist.